Klein aber fein – selbständig und kooperativ – konfessionell und ökumenisch
Die Evangelisch-reformierte Kirche in Bayern ist mit ihren gegenwärtig 12.000 Mitgliedern in 13 Gemeinden im Vergleich zur lutherischen Schwesterkirche klein.
Die Evangelisch-reformierte Kirche in Bayern hat erst im letzten Jahrhundert eine eigene reformierte Landeskirche bilden können, die bis 1988 selbständig blieb. In ihrer Geschichte spiegelt sich jedoch manches wider, was für das deutsche Reformiertentum als Ganzes gilt: Fast überall besteht eine Diaspora- und Minderheitssituation, dafür aber werden ein ausgeprägtes konfessionelles Bewusstsein, die Erinnerung an die besondere eigene Tradition und weltweite Verbindungen zu reformierten Kirchen gepflegt.
Global betrachtet bestehen vor allem im Hinblick auf die Liturgie und den ökumenischen Kontext durchaus verschiedene Profilierungsnotwendigkeiten und Ausgestaltungen des Reformiertseins. Für Bayern aber und das deutsche Reformiertentum überhaupt gilt weitgehend: “Für die Reformierten typisch ist die konsequente Haltung in der Befolgung des Grundsatzes: (…) ‘Das Wort und nichts als das Wort und zwar das ganze Wort’ (…). Von hier aus verstehen sich die reformierten Besonderheiten in Gottesdienst, Kirchenwesen und Theologie. Der reformierte Gottesdienst ist Wortgottesdienst. Die Predigt steht beherrschend und nicht von liturgischem Beiwerk erdrückt im Mittelpunkt. Die Liturgie hat nichts mit dem römischen Meßkanon zu tun und ist nicht wie in anderen Kirchen eine immer wiederkehrende dramatische Vorführung des Heilsgeschehens. Die reformierte Liturgie (…) dient mit den Gebeten und Gesängen der Verkündigung und ist der anbetende Lobpreis Gottes, wobei neben dem allgemeinen evangelischen Liedgut der typisch reformierte, auf Genf zurückgehende Reimpsalter mit seinen wuchtigen Melodien zu nennen ist (…). An Stelle der von der mittelalterlichen Kirche herrührenden Perikopenordnung wird in der reformierten Kirche (…) das Durchpredigen ganzer biblischer Bücher (Reihenpredigten) bevorzugt. Allen reformierten Kirchen eignet der Umstand, daß sie keine Altäre, keine Kruzifixe und keine symbolischen und biblischen Darstellungen besitzen (…). Das Bilderverbot (2. Gebot) wird in dem ungekürzten Dekalog (10 Gebote) in Geltung gehalten. Die Reformierten lieben und pflegen ihre Kirchen, aber diese sind ihnen nicht sakrale Kulträume (…). Der Gottesdienst (…) weist (…) die Gemeinde aus der Kirche zum Dienst in der Welt hinaus.” (K.E. Haas). Die in der Christologie begründete reformierte Sakramentenlehre hat folgende Schwerpunkte: “Taufe und Abendmahl sind Wirkzeichen, d.h. nicht leere Symbole, sondern Handlungen, die das Heilswerk Christi abbilden und zugleich seine Frucht vermitteln. Eine automatische oder magische Wirkung der Sakramente anzunehmen, ist als heidnische Vorstellung verpönt.” (K.E. Haas). Als weitere Merkmale sind zu erwähnen: der Anfang des Herrengebets (“Unser Vater”, nicht “Vaterunser”), das Verständnis von Gesetz und Evangelium (eigentlich in umgekehrter Reihenfolge) und die Heiligung in ‘guten Werken’; diese ist “im Reformiertentum immer stärker als im Luthertum betont worden und hat ihre praktischen und auch geschichtlich nachweisbaren Früchte in einem sehr aktiven Christentum gezeitigt” (K.E. Haas). Schließlich sind die stärkere Betonung des Alten Testaments sowie das Gewicht des Heidelberger Katechismus und die presbyteriale und synodale Kirchenordnung als wesentliche Merkmale der reformierten Reformation zu erwähnen.
A. Heron; M. Freudenberg (Redaktion)